Dies ist eine Seite von Primolo
FriedeNOW Schülerzeitung
Gruppenbild


Als Deutschland getrennt war

Die Mauer wurde 16 Jahre nach dem zweiten Weltkrieg gebaut. Viele Menschen in der sowjetischen Besatzungszone (Ostdeutschland) waren unzufrieden. Sie wollten in den Westen. Die Regierung wollte das nicht zulassen. Sie bauten die Mauer und einen Grenzstreifen mitten durch Deutschland. Wer fliehen wollte, wurde erschossen oder eingesperrt.
Vor dem Mauerfall versuchten viele Menschen immer wieder zu flüchten. Eine Familie hat das sogar mit einem Heißluftballon gemacht. Es gab strenge Regeln.

Heute möchte ich herausfinden, wie die Zeit war, als Deutschland getrennt war. Dafür benötige ich Informationen von Jeanette (46 Jahre alt) und Britt (60 Jahre alt).

Warst du auf der West- oder Ostseite?
Britt: Ich hab mein ganzes Leben hinter der Mauer, also auf der Westseite verbracht.
Jeanette: Ich war auf der Ostseite.

Was gab's für Regeln ?
Britt: Meine Cousins und Onkels waren alle auf Ostseite und ich konnte sie nur einmal im Jahr besuchen.
Jeanette: Man durfte kein Fernseher gucken. Und es gab ein Wohngebiet, da haben aber nur die vom Staat gewohnt und wir durften da nicht rein, nur mit Genehmigung oder Einladung. Wir durften kein Radio hören. Bestimmte Musik, die wir heutzutage hören, war auch verboten. Bei uns gab es viele Sachen gar nicht zu kaufen wie Coca-Cola zum Beispiel, Bananen oder Orangen.
Man musste auch aufpassen. Ich hatte viele Sachen von meiner Oma (aus dem Westen), die sie mir in Paketen geschickt hat. Diese Sachen durfte ich nicht in die Schule mitnehmen. Zum Beispiel Pelikanstifte. Diese Sachen durften wir nicht haben.

Wolltest du rüber?
Britt: Aus dem Westen durfte man rüber. Dafür musste man erst ein paar Sachen erledigen (Formulare ausfüllen).
Jeanette: Ich wusste nicht, was auf der anderen Seite war. Wir wussten vieles nicht. Ich war 15, als die Mauer gefallen ist. Mein Papa stammte eigentlich aus dem Wedding, also von der Westseite. Er war in meine Mama verliebt und ist deswegen auf der Ostseite geblieben, als die Mauer dann gebaut wurde. Er ist nicht zurück zu seiner Familie oder zu seiner Arbeit. Er wollte einfach bei meiner Mutter bleiben.
Ich habe es nicht anders gekannt, als auf der Ostseite. Aber ich muss sagen: ich hatte trotz allem eine glückliche Kindheit. Später bin ich dann auch wegen meinem Beruf auf die Westseite gezogen, nach dem Mauerfall. Aber da war ich ja dann schon erwachsen.

Hast du ein Mauerstück behalten?
Britt: Ja,so ein kleines hab ich hier.
Jeanette: Genau in der Nacht des Mauerfalls, als ich meine Oma besucht habe, habe ich mir ein kleines Stück mitgenommen, das war in der Bornholmer Straße im Wedding.

Bist du zur Mauer gegangen, als der Mauerfall war?
Britt: Nicht mehr in der Nacht, aber am nächsten Tag dann. Es war eine ganz tolle Atmosphäre! Es waren Millionen von Menschen dort. Alle weinten und lachten und küssten sich. Es war ganz aufregend! Ich hab ja damals bei der Sparkasse gearbeitet und musste dann am nächsten Tag - es war Sonntag - zur Sparkasse gehen. Dort hat jeder aus dem Osten 100 Mark bekommen als Willkommensgeschenk für die DDR-Bürger. Damals waren es noch Mark. Ich habe den ganzen Tag 100DM-Scheine ausgegeben.
Jeanette: Ja, wir sind in der Nacht noch los gefahren, als wir es in den Nachrichten gehört haben. Alle Leute haben sich gefreut. Es war eine gute Stimmung gewesen. Es war aber sehr sehr voll. Man konnte nicht direkt an die Mauer ran, weil Tausende von Menschen dort waren. Auf der Mauer haben viele gesessen. Es war total aufregend aber gleichzeitig beängstigend auch. Weil man hat sich nicht so richtig ran getraut.

Mochtest du die Regeln auf deiner Seite?
Britt: Ja, auf unserer Seite war es ja okay. Wir waren ja im Westen. Ich hatte zwar eine Mauer außen rum aber ich dachte: eine Mauer gibt es um jede Stadt. Ich fand es nur schade, dass ich meine Oma so selten sehen konnte und immer dafür eine Erlaubnis brauchte.
Jeanette: Ich kannte keine anderen Regeln. Aber ich fand es manchmal etwas doof, dass ich vieles nicht in die Schule mitnehmen durfte oder Fernsehen schauen. Ich hatte Freunde, die - wie soll ich sagen - es gibt ein Wort das heißt "bespitzeln" und das ist, wenn sie dich ausgehorcht haben und dich verraten haben. Ich als Kind hab's nicht verstehen können hab's aber akzeptiert.
Sade: Aber die waren doch noch Kinder
Ja, ich weiß. Aber die Regeln haben einem die Eltern erklärt und man ist so aufgewachsen.

Wie war das für dich?
Jeanette: Ich hatte ja schon vorher viel Kontakt zu meiner Oma auf der Westseite gehabt und habe schon viel mitbekommen.
Manche Leute durften manchmal ausreisen. Mein Papa durfte das nicht, weil der Staat dachte, er wäre ein Spionageagent aus dem Westen.

Durften ältere Menschen rüber?
Britt: Das stimmt. Wenn die Menschen dann ganz alt waren, gab es eine Erlaubnis. Ich glaube als meine Oma 75 war, durfte sie einmal rüber kommen zu einer Feier. Ich glaube, es war meine Konfirmation.
Jeanette: Sie mussten einen Antrag stellen damit sie rüber durften.

Durftest du rüber?
Jeanette: Nach dem Mauerfall durfte ich dann endlich meine Oma und die anderen Verwandten besuchen. Das war für mich das Schönste!

Ich bin Sade, ich hab das Interview geführt. Ich bin zehn Jahre alt. Ich liebe Radfahren. Ich bin sehr kreativ. Ich mag Deutsch und schreiben. Ich zeichne gerne. Und ich hatte Spaß, dieses Interview zu führen.

Sade, 10 Jahre

pa230808.jpg