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Mediensucht-auch das gehört zum Thema Internet

Der neue Bericht der Drogenbeauftragten der Bundesregierung zeigt: Von den 14- 24 Jährigen in Deutschland gelten etwas 250 000 als internetabhängig.
Wir konnten einem Experten zu diesem Thema Fragen stellen: Prof. Dr. Anil Batra. Er ist Leiter der Sektion Suchtmedizin und Suchtforschung in der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie in Tübingen.
Vier Schülerredakteure besuchten Prof. Batra. Obwohl sein Telefon pausenlos klingelte, nahm er sich viel Zeit und beantwortete unsere Fragen ausführlich.

1. Wie werden Kinder mediensüchtig?

Wenn keine Regeln im Umgang mit dem Computer aufgestellt werden. Z. B. solltet ihr vorher sagen, ihr spielt eine halbe Stunde am Computer. Ein Zeitlimit ist wichtig und nichts sollte vernachlässigt werden. Lieber solltet ihr draußen mit Freunden spielen. Auch die Schule darf nicht vernachlässigt werden. Ihr solltet auch nicht zur Belohnung oder zur Entspannung spielen. Eine besondere Art der Spiele ist gefährlich, nämlich Spiele, die nie richtig enden.

2. Ab welchem Alter werden Kinder mediensüchtig?

Meistens ist das so ab 12 Jahren. Am häufigsten sind betroffen sind jedoch Jugendliche zwischen 14 und 16 Jahren. Eigentlich kann man aber jederzeit mediensüchtig werden.

3. Werden Kinder von gefährlichen Spielen aggressiv?

Ja!

4. Gibt es Spiele, die besonders gefährlich sind?

Am schlimmsten ist world of warcraft. Allgemein aber Spiele, bei denen man auf andere angewiesen ist. Wenn man in Mannschaften spielt, warten ja dann immer deine Mitspieler auf dich. Das Spiel ist außerdem so gemacht, dass man immer gerade eben nicht gewinnt, aber eben fast gewonnen hat. Alle Spiele online sind gefährlich. Auch gefährlich sind Spiele, die blutrünstig sind, weil man sich dann immer so aufregt. Ein Beispiel für ein gutes Spiel ist fifa, das wird auch irgendwann langweilig und ihr hört von alleine wieder auf.

5. Wir können Eltern merken, dass ihre Kinder süchtig sind?

Es beginnt damit, wenn es Streit beim Aufhören gibt. Vielleicht stellen die Eltern auch fest, dass ihr Kind heimlich spielt. Vorsichtig müssen Eltern auch sein, wenn sich die Kinder abends freiwillig in ihr Zimmer zurückziehen und dann die ganze Nacht heimlich spielen. Ein Zeichen ist auch, wenn die Schulleistungen nachlassen. Auch wenn ein Kind keine Freunde mehr einlädt, oder immer nur zu einem einzigen geht, bei dem Zuhause nicht kontrolliert wird, ob sie den ganzen Nachmittag vor dem Computer sitzen.

6. Wie werden die Menschen wieder geheilt?

Die meisten kommen freiwillig in die Klinik. Manche schaffen es, wenn sie mit dem Arzt Gespräche führen, in denen Regeln vereinbart werden. Zum Beispiel, dass ein bestimmtes Spiel vom Computer gelöscht wird. Viele müssen ja mit dem Computer arbeiten, da werden dann bestimmte Seiten gelöscht.
Manche Menschen schaffen es nicht alleine und kommen dann in die Klinik und üben dort, was vernachlässigt wurde. Die Menschen müssen lernen, ihre Langeweile anders zu vertreiben. Besonders schlimm ist die Glücksspielsucht.

7. Gibt es verschiedene Arten von Mediensucht?

Ja, so wie es verschiedene Medien gibt. Fernsehen, Spiele, chatten, einkaufen, I-phone oder I-pad.

8. Wie vielen Menschen haben Sie schon geholfen?

Die Ambulanz für Mediensucht gibt es schon seit 4 Jahren. Es kommen circa 1 bis 2 Menschen pro Woche, so 50 in einem Jahr. Zum Vergleich: Alkohol- und Drogensüchtige kommen im Jahr circa 1000.

9. Kann man mit den Forschungen viel erreichen?

Ja, wir wollen herausfinden, was ist für wen die richtige Therapie. Wer braucht eine Psychotherapie, wer braucht Medikamente? Außerdem wollen wir herausfinden, was genau im Gehirn passiert. Wie bemerkt man die Sucht? Bald beginnen wir eine große neue Studie. Da kommen Computerspiel-Süchtige von anderen Kliniken nach Tübingen und werden 12 Wochen hier behandelt.

10. Wie lange forschen Sie schon?

Seit 4 Jahren am Thema Mediensucht, Sucht allgemein seit 21 Jahren.

Vielen Dank!
Die Fragen an Prof. Batra stellten Alyssa, Katharina, Anne und Florian